3. Preis

Titus Bernhard Architekten BDA Augsburg
Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten GmbH  München

Verfasser:
Titus Bernhard, Dipl. Ing.
Rainer Schmidt
Mitarbeit:
Mattias Svensson, Christian Hofer, Katharina Scharf, Lukas Bihler, Lin Tu
Fachplaner:
Verkehrsplanung SRP Schneider & Partner Ingenieur-Consult GmbH: Robert Männling
Hilfskräfte:
Künstler/ Kunst am Bau: Felix Weinold
Architekturmodellbau: Beta Berec
Architekturbilder: Linus Meier

BEURTEILUNG DES PREISGERICHTS:

 

Die Arbeit überzeugt durch einen einfachen, gestaltprägenden Ansatz zweier Kreisformen, die ähnlich eines Stückes „Landart“ die geforderten Funktionen eines Ladeparks in die vorhandene Topografie integrieren. Alle Ladefunktionen sind in einem ersten, unteren Kreis angeordnet; der in das Gelände integrierte Servicebereich (mit allen dienenden Funktionen) vermittelt als Durchgang zum zweiten Kreis, der als Ruhepol zur Landschaft hin orientiert ist und zur Pause einlädt.

Alle Ladestationen werden kreisförmig unter einzelnen Ladepilzen angeboten, die als Stahlkonstruktion mit pneumatischen ETFE-Membrankissen einen Bezug zur Marke KAESER herstellen können und illuminiert eine Signalwirkung auch nachts entfalten können. In diesem Zusammenhang wird auf den Konflikt zwischen Nachtwirkung und Naturpark hingewiesen. Einige Pilze stehen zudem in der eigentlich freizuhaltenden Anbauverbotszone zur Staatsstraße 2205.

Das Preisgericht sieht einen Konflikt zwischen aufwendiger, im äußeren Kreis geführter fußläufiger Erschließung und dem übermäßigen Erschließungsaufwand für die Ladestationen, die in der Akzeptanz bei den Besuchern zu Schwierigkeiten führen werden. Die Wege zum SB-Bereich könnten effizienter durch die Mitte geführt und qualitativ aufgewertet werden.

Die Lkw-Ladestationen können nicht überzeugen - zu wenig in der Anzahl und mit vermeidbarem Rangierbedarf. Auch in der Gestaltung der Aufenthaltsbereiche an den Lkw-Stellplätzen besteht Verbesserungspotential.

Die Idee eines ökologischen Weihers als zentrales Retentionsbecken wird gewürdigt, jedoch erscheint der hohe Erschließungsaufwand aller Fahrspuren zu groß. Die Widmung der inneren Fahrspur nur für den fußläufigen Verkehr z.B. böte mehr Aufenthaltsqualität und eine bessere Einbindung dieses Landschaftselements in das Warten während des Ladevorgangs.

Die Realisierung in Bauabschnitten ist nachgewiesen, überzeugt jedoch nicht, da bereits im ersten Schritt der komplette Erschließungsbedarf errichtet werden muss. Im Ideenteil gefällt die Einbindung der Freiflächen in das vorhandene Grün, der neue Radweg folgt logisch der neuen Figuration in der Landschaft. Ein Bezug zum Naturschutzgebiet im Westen fehlt gänzlich.

Insgesamt stellt die Arbeit einen wertvollen Beitrag dar und viele Bereiche werden selbstverständlich gelöst. Die Wirtschaftlichkeit der Arbeit wird im mittleren Bereich gesehen, jedoch erscheint der Aufwand für die Geländebewegung im Verhältnis zur Generierung einer Form nicht zeitgemäß.

 

Erläuterungstext zum Entwurf

Erläuterungstext

Leitmotiv

In einem heterogenen, durch wenig signifikante Industrie- und Gewerbebauten sowie durch zahlreiche Verkehrswege geprägten Umfeld aber einer attraktiven Umgebung wie das FFH & Naturschutzgebiet, Vogelfreistätte Glender Wiesen bildet unser ( der Kaeser) E-Circle.

Das Wettbewerbsgebiet liegt in einem heterogenen, durch wenig signifikante Industrie- und Gewerbebauten und zahlreiche Verkehrswege geprägten Umfeld. Gleichzeitig liegen in weiterer Umgebung attraktive Flächen wie das FFH & Naturschutzgebiet und die Vogelfreistätte Glender Wiesen.

In diesem Kontext bildet der Kaeser E-Circle mit seiner Architektur der Ladeschirme eine prägnante Gestaltnorm mit hoher Wiedererkennung und Identität als Markenzeichen und Aushängeschild in der Region.

Die Kreisebene des Ladeparks wird plan in die vorhandene Topographie gleich einem Stück „landart“ eingeschnitten und wirkt gestaltprägend. Dabei werden die öffentlichen Nutzungen wie auch die Technikbereiche unter der gewachsenen Topographie mit einer „Bestäuber Wiese“ (Pollinator) als grünes Dach auf dem Ladepark angelegt, mit der Zielsetzung größter ökologischer Diversität.
Die Ladestation wird „unterirdisch“ verortet und tritt nicht als separates Bauwerk in Erscheinung.

In der Mitte des 90 m Durchmesser großen Kaeser E-Circle (Ladestation) dient ein ökologischer Weiher als Retentionsbecken für das Oberflächen- und Dachwasser mit entsprechenden vorgeschalteten Filteranlagen.

Die Stellflächen sind wasserdurchlässig ausgebildete Rasenbeläge, um so einen Wasserkreislauf zu erzielen.

Der Kaeser E-Circle wird von der nördlichen Erschließungsstraße über eine Baumallee angebunden und bietet auf einem reduzierten Fußabdruck bis zu 56 potentielle E-Ladeplätze für PKWs unter beleuchteten Ladepilzen, weitere 4 Ladeplätze für Wohnmobile und Gespanne sowie zusätzliche 20-50 Freiparker, je nach Anordnung, als äußerer Ring (siehe Piktos).

Neben den autoorientierten Einrichtungen gibt es einen zweiten, südseitigen kreisförmigen Einschnitt, Erholungsfläche mit Service Station für E-Bikes. Oben, entlang des Radweges sind die E- Ladestationen für die Biker angeordnet.

Sie schafft als schräge Ebene die Verbindung zum Fahrradweg und zum Freizeitpark im Westen und sorgt für auseichend Belichtung und eine angenehme atmosphärische Aufenthaltsqualität des unterirdischen SB-Bereichs bzw. Cafe ́s wie auch der Terrasse im Freien. Die Service Station ist auch Informations-zentrum für Besucher des umliegenden FFH & Naturschutzgebietes, der Vogelfreistätte Glender Wiesen, und ist Startpunkt für Wanderungen und Kurzspaziergänge, sowie Fahrradtouren mit Leihfahrrädern in die vielfältigen biodiversen Naturlandschaften.

Stufenweise Realisierung / Funktion & Gestalt

Das Konzept lässt sich in Etappen realisieren, je nach Bedarf und zunehmender E-Mobilisierung stufenweise Pilz für Pilz oder in Gruppen und unter Berücksichtigung eines Gleichzeitigkeitsfaktors dual für Lader und Nicht-Lader nutzen. Die serielle Vorfabrikation spart zudem Kosten.

Die radiale Anordnung ist so konzipiert, dass kein Rangierverkehr erforderlich ist. Alle Ladeplätze lassen sich durch „Vorwärts- Zu- und Abfahrt“ bedienen. Die Pilze tragen ein Dach aus transluzenter Folie, Farbcodierungen zeigen den Betriebszustand an der Säule visuell.

Die Firma Kaeser als Hersteller von Kompressoren kann die pneumatischen Kissen mit hauseigener Technik betreiben und energetisch versorgen.

Der Kaeser E-Circle ist ein Ort der Erinnerung mit Strahlkraft. „Tell the architecture“. Gestalt und Funktion ergänzen sich.

LKWs werden unmittelbar entlang der Erschliessungsstraße versorgt und müssen keine langen Wege auf dem Gelände fahren. PKW-, LKW- und Radverkehr sind getrennt.

Beide Höfe bieten durch die Einbettung in die Topografie zudem lärmgeschützte Orte der Entspannung und Kontemplation.
Die versiegelte Fläche für den Ladepark ist mit der Kreisform optimiert.

Signaletik

Der minimalistischen und klaren architektonischen Sprache folgt auch die Signaletik: die Wegführung ist intuitiv verständlich, der E-Circle wird durchgängig gegen den Uhrzeigersinn befahren. Freie Ladepunkte sind durch grüne, besetzte durch orange LED-Bänder am oberen Ende der Schirmsäulen gekennzeichnet. Der jeweilige Ladestand ist durch vertikale Skalen an der Säule ablesbar.

Die Schirme leuchten nachts in angenehmem Weiß und ergeben ein ikonisches, unverwechselbares Zeichen, das von Staatsstrasse und Autobahn aus zu erkennen ist.
Speichenförmig auf den gedachten Mittelpunkt des Kreises ausgerichtete Lichtlinien an Vordach und Decke leiten ins Servicegebäude und hindurch auf den parkseits liegenden Terrassenhof, und stellen eine optische Verbindung zwischen den beiden Seiten des Gebäudes her.

Ideenteil

Für den Ideenteil schlagen wir eine Rekreationszone mit Kinderspiel, Calisthenics, Picknick-Einrichtungen, Sportzonen und Kletteranlagen vor, die sowohl von Besucher:Innen des Ladeparks als auch von Bürger:Innen und Jugendlichen Coburgs genutzt werden kann.

Mit dem vorhandenen Baumbestand und den heimischen Pflanzenergänzungen, sowie der Pollinatorwiese entstehen wertvolle neue Nahrungs- und Lebensräume. Die Vielzahl von insekten- freundlichen Wildblumen fördert und ergänzt die Populationen. Weiterhin bilden sie für Tier- und Pflanzenwelt eine wertvolle Verbindung zu dem Naturschutzgebiet der Glender Wiesen.

Der Radweg Christenstraße bekommt anstelle des bestehenden geraden eine geschwungene Wegführung und ist eingebunden in die Natur sowie die neu angebotenen Aktivitäten für Jung und Alt.
Dies gilt auch für große Teile des bestehenden Baumbestandes.

Es gibt Aufenthaltsbereiche mit Blickachsen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, Schloss Callenberg und Veste Coburg. Der Hessenhof wird durch Wegeanbindung in das Gesamtkonzept eingebunden.

Gesäumt werden die Ränder mit einem Sukzessionswald in Darstellung der verschiedenen Entwicklungsstufen. Erschließungspfade verbinden Ladepark, Ladestation und Ideenteil für einen kurzfristigen Rundweg.

Das Gesamtkonzept der Ladestation wird den Bedürfnissen der Besucher:Innen gerecht: eigenständige Identität, naheliegende attraktive Freizeitnutzung, zukunftsgerechtes und komfortables Laden. Es entsteht eine Vielfalt an Biotopen und Ökosystemen sowie an Ökosystemfunktionen wie Bestäubung und Samenverbreitung (ökologische und funktionale Diversität).

Die neue Kaeser E-Circle Ladestation stärkt das Gesamtareal als Emotions-Ort und spielt bei der Einbindung in die attraktive Umgebung eine zentrale Rolle für alle Coburger:Innen und seine Besucher:Innen.